Mitte Juni 2019 hat die New York Times berichtet, dass die USA einen Cyberangriff auf russische Energieunternehmen ausgeführt haben, um Schadsoftware zu installieren. Dadurch soll es den USA zu einem späteren Zeitpunkt möglich sein, die Energieversorgung zu stören. Am 23.6.2019 gab es Meldungen über einen Cyber-Angriff der USA gegen den Iran. In diesen Zusammenhang hat die USA eigene Unternehmen (auch Energieversorger) vor Gegenangriffen durch den Iran gewarnt.
Über
mögliche Abläufe von Cyberkriegen gibt es bisher wenig Erfahrung. Ein
Cyberkrieg ist vermutlich schwer kontrollierbar. Es wird auch schwer sein,
einen Cyberkrieg auf zwei Staaten zu begrenzen. Der Angriff der USA auf
Russland und Iran könnte auch andere Gruppen motivieren, Angriffe auf die USA
zu starten. Diese Gruppen müssen nicht Staaten, sondern könnten auch
Hackergruppen, z.B. aus Nordkorea, China oder Russland sein, die von den
jeweiligen Staaten nicht kontrolliert und abgehalten werden können. Die Quelle
eines Angriffs kann häufig nicht festgestellt werden. Ein Angriff kann zwar
Hinweise auf den Urheber liefern, allerdings können das auch bewusst falsch
gelegte Fährten sein.
Angenommen es kommt als Folge der Cyberangriffe durch die USA zu schwerwiegenden Gegenangriffen auf die USA. Dann könnte eine Analyse davon das Ergebnis liefern, dass als Urheber nicht nur der Iran, sondern auch andere Stellen, z.B. in Russland, wahrscheinlich sind. Ein solches Ergebnis würde vermutlich Drohungen zur Folge haben. Es ist aber eher unwahrscheinlich, dass ein solcher Cyberangriff alleine schon zu einer nuklearen Gegenreaktion führt, obwohl die neue US-Doktrin dies zulässt.
Dies kann sich aber ändern, wenn es in zeitlichem Zusammenhang eine Raketenangriffsmeldung in einem Frühwarnsystem gibt (z.B. als Fehlalarm). Ein solches Risiko besteht aber nicht nur bei einem Fehlalarm auf Seiten der USA. Angenommen zeitnah zu einem Cyberangriff auf die USA mit Verdächtigungen nach Russland gibt es in einem russischen Frühwarnsystem einen Fehlalarm, dann besteht die Gefahr, dass eine solche Meldung als gültig bewertet wird. Denn ein solcher Angriff wäre eine logische Folge der US-Doktrin. Wenn bei der Bewertung zusätzlich herauskommt, dass man es dem Gegner zutraut und die eigene Zweitschlagsfähigkeit stark eingeschränkt ist, wäre ein Launch-on-warning die logische Konsequenz (d.h. Start der eigenen Raketen, bevor die gegnerischen einschlagen).